Potsdam,
23.11.2007
Portrait
(Erstelle ein Portrait!)
- „Du
bist mein Bruder?“
- „Ja,
und wir haben auch noch eine Schwester. Elli ist 18 Tage jünger als
ich und wohnt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn in Leipzig. Du
bist also schon Onkel.“
-
„Krass! 18 Tage jünger? Wie geht das denn?“
- „Na
ja, verrückte Geschichte. Meine Mutti hat das damals auch nicht so
gut verkraftet, als die Unterhaltsforderungen von Ellis Mutti im
Briefkasten lagen … aber da können wir ja später nochmal drüber
reden. Du hast also nichts von uns gewusst?“
-
„Nee.“
-
„Aber was hat er euch denn erzählt über sein Leben bevor er deine
Mutti kennengelernt hat?“
- „Na
ja, so viel haben wir da nie drüber gesprochen … er hat halt bei
der Wismut studiert, vorher war er noch bei der Fahne gewesen - und
natürlich ein paar Geschichten aus der Bandzeit. Weißt du davon?“
- „Na
nur dass er wohl Bassist war, in einer Band, die auch "relativ"
erfolgreich war im Osten - 'n bisschen Party ham'se wohl gemacht.“
-
„Darüber ham wir nicht so viel gesprochen, aber durch die Musik
musste er bei der Armee nich ganz so hart ran, und über die
Beziehungen hat er dann auch den Studienplatz in Eberswalde
gekommen.“
-
„Genau, und da war er dann auch mit Renate, der Mutter von Elli
zusammen.“
-
„Echt - na meine Mutti hat er dann erst später in Weimar
kennengelernt - über die Arbeit irgendwie.“
- „Ja,
und ich glaube, da war er auch noch mit meiner Mutti verheiratet, und
auch noch zusammen. Die erste Sache mit Renate hatte sie ihm nämlich
verziehen.“
- „Ach
so, echt, die waren verheiratet!“
- „Ja,
und mit Renate hatte er damals auch schon einen Heiratstermin gehabt.
Frag mich nicht warum er sich erstmal für meine Mutti
entschieden hat. Vielleicht weil sie ihn mehr brauchte.“
- „Hmm
- krasse Sache – hätt’ ich nie gedacht. Aber es macht Sinn, so
im Nachhinein betrachtet… Siehst du, ich hab mir immer gewünscht,
dass mein Vater nicht so bieder und sti-no-mäßig unterwegs ist.
Klar - für dich ist die Sache natürlich tragisch, aber für mich …
ich meine, diese Geschichte zu hören … ich habe das Gefühl, dass
ich an ihn heranrücke wie nie zuvor in meinem Leben. Auf einmal
bekommt er wahrhaft menschliche Seiten … und interessante.“
- „Ich
kann mir schon vorstellen, dass dich das fasziniert. Eigentlich war
er ja damals 'n ganz schön cooler Typ. Hat das Leben in vollen Zügen
genossen - rücksichtslos - so Nietzsche-mäßig, weißt du wie ich
meine? …“
…
Potsdam,
30.11.07
Portrait
durch Szene (Erstelle ein Portrait durch beschreiben einer
Szene!)
Im Portemonnaie trug er ihre Bilder nicht. Er hatte dafür keine
passenden, und es wäre ihm auch gezwungen vorgekommen, anmaßend
sogar. Aber er wusste wo sie lagen. Und auch wenn er sie bisweilen
über Monate nicht herausholte, so waren sie doch präsent. Sie
existierten, und er wusste darum.
Auch seine Frau wusste um sie. Er achtete sehr auf ein schonungslos
ehrliches Verhältnis in seiner Beziehung zu ihr. Und ebenso wie in
seiner, waren die Bilder auch in ihrer Welt ein fester Bestandteil.
Dennoch hatte er immer ein schlechtes Gewissen wenn er an sie dachte,
sodass er sie fast immer dort liegen ließ wo sie waren. Er brauchte
schon eine angemessene Rechtfertigung, um sich zu erlauben sie für
ein bis zwei Minuten anzuschauen.
Und wenn er dies dann tat, blickte er auf ein paar fast unberührte,
belanglose Farbfotografien an deren matter Oberfläche er
hängenblieb. Für diese zwei Minuten blockierte sein Geist in einer
rationalen Leere. Wie ein Hund glotzte er. Ohne jegliche Rührung.
Nichts sagten ihm diese Gesichter, abgeschnitten von jeglicher
Realität - in einer Vergangenheit zu der ihm jegliche Verbindung
fehlte. Er hatte sie sich ja auch auf fast unlautere Art und Weise
angeeignet. Nichts wussten ihre Besitzer darüber, wie er hier saß
und versuchte sie zu betrachten, während sie irgendwo da draußen
ihren Weg ohne ihn gingen und sehr wahrscheinlich recht gut damit
zurechtkamen.
Anders wäre das sicherlich mit Bildern aus ihrer gemeinsamen Zeit
gewesen, aber die existierten nur noch in seinem Inneren. Er war es
selbst gewesen, der damals den Entschluss gefasst hatte, dass er für
eine neue Zukunft mit seiner Vergangenheit abschließen müsse. Doch
auch wenn sich Fotografien und Alben aus den Schränken entfernen
ließen, blieben …
04.01.08
Dialog
(Schreibe einen Dialog!)
-
Schau mal was heut‘ wieder im Briefkasten lag.
[Pause.]
- Mmh.
Hast Du‘s schon gelesen?
- Ja,
aber lies erst mal selber.
[Er
liest.]
- Och.
Nöh! Jetzt wird‘s verrückt! [Pause.] Was hälst du davon?
-
Naja, das war ja zu erwarten, wenn man mal ehrlich ist. Schließlich
ist es dein Sohn.
- Ja, na und?! Ich musste die Entscheidungen meiner Eltern auch
akzeptieren. Ich musste mich auch damit abfinden. Und ich komm doch
ganz gut damit zurecht.
- Das ist die Frage; wie gut du damit zurecht kommst. Wie glücklich
bist du denn über deine Eltern und deine Vergangenheit?
- Darum geht‘s doch überhaupt nicht! Es geht darum, die
Entscheidung von anderen Menschen zu akzeptieren. Das ist doch mein
Leben!
[Pause.]
- Und sein Leben?
[Pause.]
- Das ist doch sowieso nur wieder so ‘ne Spinnerei! Mal ‘n
bisschen auf die Pauke hau‘n. Reine Provokation!
- Und wofür?
- Na um sich zu rächen. Ich bin halt der böse Rabenvater. Und so
ungeschoren darf ich nicht davonkommen. Das beweisen doch diese
Schmierblätter von damals. Kuck doch mal - die Karte von diesmal
wieder. Und überhaupt - dass er eine Karte dafür nimmt - das ist
doch … Was soll denn das?
[Pause.]