21.12.2007
Bild: Abbey Road
The Beatles
Auch an diesem Morgen drehten sie wieder ihre Runden. John führte im
Moment mit zielgerichtetem Blick, hatte die Hände in den Taschen um
schnittiger zu sein. Die anderen drei erholten sich in seinem
Windschatten. Alle verfolgten sie ein gemeinsames Ziel, doch jeder
hatte so seine eigene Vorstellung, wie man am effektivsten dorthin
unterwegs war. Und denoch: Es gibt Hinweise, dass das Ziel nicht des
einzig Wichtige für die Jungs war.
John führte also. Eine Lichtgestalt. Hell. Und doch nicht weiß.
Sein Bart und die langen Haare schützten ihn vor der Witterung.
Ebenso wie seine Brille. Außerdem machte er damit Eindruck - sowohl
bei den Kleinen, als auch bei den Großen. Aber es ist schwierig zu
sagen in welchem Maße dies wichtig für ihn war.
Ringo ist zweiter. Haare und Baart sind bei ihm kürzer. Ist er noch
nicht so weit oder schon eine Runde weiter? Schwarzer Anzug, weißes
Hemd, roter Binder. Die Schuhe glänzen. Macht was her, ohne Frage.
Ist sein Blick auf Johns Rücken gerichtet? Oder sieht er an ihm
vorbei mit zusammengekniffenen Augen, um das Zwischenziel vor ihnen
zu erahnen?
Hinter ihm ist Paul. Fällt aus der Reihe; mehr als die anderen; auf
den ersten Blick. Gesicht ist glatt, Zigarette in der Hand. Keine
Schuhe - im Gegensatz zum schicken Anzug. Störender aber noch: Seine
Schrittfolge ist nicht die der anderen. Wenn die drei den linken Fuß
vorn haben, hat er den rechten vorn. Man könnte meinen, er zieht
seine Zehen an, um nicht die Hacken von Ringos Schuhen damit zu
berühren.
Auch George bekommt seine Probleme dadurch. Er läuft versetzt, um
frei ausschreiten zu können; ist dadurch nicht ganz in einer Linie
mit den anderen. Auch sein Blick scheint rechts an allen vorbei zu
gehen, und zeigt seine Bereitschaft zum Überholen oder Ausbrechen
an. Er ist in Jeans - working class; als statement. Haare lang
und Baart. Eine Hand einstecken, eine frei - unausgeglichen.
So ziehen sie. Und andere schauen zu. Beobachten ihren Weg von der
einen Seite zur anderen. Sie sind zu viert. Für ein paar Sekunden
nur befinden sich alle gemeinsam auf der Straße, ohne Kontakt zum
Gehweg. Sicherlich, für den einzelnen ist es mehr, aber auch John,
selbst wenn er führt, weiß, dass die anderen da sind. Außerdem
benutzen sie den Zebrastreifen.
Warum also diese Aufnahme? So und nicht anders? In der Abbeyroad, an
einem Sommertag? Wo wollten die Jungs hin? Und warum hält man sie
dabei auf?
„Nein, nein, nein! John! Nicht so schnell - das muss entspannter
aussehen. Und du Paul – mach’ die Zichte jetzt mal aus - die
Länge so ist gut - und der Rauch stört sowieso mehr als alles
andere. George - krämpel mal deine Manchetten 'n Stück hoch - das
kommt groovy.“
Und so ging es. Jeden Tag. Immer von neuem. Immer vorwärts. Anders
zwar, aber vorwärts. Und von neuem. Über die Straße. Von hüben
nach drüben. Ohne Hilfe, ganz allein. Mit Orientierung und
Anweisung. Aber selbstständig. Frei. Vor allem der erste. Geleitet
nur durch seine Umwelt; und den ganzen Rest eben. Mit festem Schritt.
Meistens zumindest. In der Abbey Road. Und anderswo. Bis rüber. Und
weiter. Nach vorn. Von vorn. Nochmal. Aber anders. Immer wieder.
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